Kapitel 2: Ein Blick in die Zukunft
Das Cyberforum war abgedunkelt, nur das leise Summen der Projektoren und die flimmernden Lichter der VR-Geräte durchbrachen die Stille. Jeder Parkhüter hatte eine VR-Brille vor sich liegen, bereit für die nächste Phase der Präsentation. Markus Stiebinger stand am Kopf des Raums, sein Blick wanderte über die Jugendlichen, die gespannt auf die Fortsetzung warteten.
„Willkommen zurück,“ begann Markus. „Wie ihr wisst, haben wir euch bereits einen Überblick über die Cybercities gegeben. Heute möchten wir tiefer gehen. Diese Führung ist nicht nur eine Demonstration – sie ist interaktiv. Ihr werdet die Städte selbst erleben und entdecken können.“
Ein Raunen ging durch die Gruppe, und einige griffen bereits zu ihren Brillen. Markus lächelte und fügte hinzu: „Bitte setzt die Geräte auf. Die Reise beginnt jetzt.“
Ein leichter Klick und ein surrendes Geräusch signalisierten, dass die VR-Systeme aktiviert waren. Plötzlich tauchten die Parkhüter in eine andere Welt ein. Die grauen Wände des Cyberforums verschwanden, und sie fanden sich auf einem riesigen Platz wieder, umgeben von den gläsernen Türmen der Cybercities. Ein künstlicher Himmel über ihnen simulierte das weiche Licht eines sonnigen Tages, während Drohnen lautlos über ihren Köpfen schwebten.
Selina drehte sich langsam um, ihre Augen weit vor Staunen. „Das ist unglaublich… Es fühlt sich so real an.“ Sie machte ein paar Schritte und bemerkte, dass ihre Bewegungen nahtlos in die virtuelle Umgebung übertragen wurden. „Wir können uns frei bewegen!“
„Genau,“ erklang Markus’ Stimme, die direkt über das VR-System in ihre Ohren übertragen wurde. „Ihr könnt die Stadt erkunden, mit den virtuellen Bewohnern interagieren und verschiedene Bereiche besuchen. Lasst euch Zeit.“
Harald nickte zufrieden, während er die Straßen entlangging. Er näherte sich einer Gruppe von virtuellen Bewohnern, die an einer Bushaltestelle warteten. Als er sie ansprach, erklärte ein animierter Guide die Funktionsweise des vollautomatischen Transportsystems der Stadt. „Die Integration von KI und erneuerbaren Energien stellt sicher, dass alle Bewohner jederzeit mobil bleiben können.“
In der Zwischenzeit hatte Selina den zentralen Marktplatz entdeckt. Sie beobachtete die holografischen Stände, an denen frisches Obst und Gemüse verkauft wurde, und probierte die Interaktion aus. „Es fühlt sich so echt an! Man kann die Produkte anfassen – oder zumindest fast.“ Sie grinste und machte weiter.
Isabella bewegte sich zögerlicher, ihr Blick wanderte über die scheinbar perfekten Straßen und Gebäude. Schließlich blieb sie vor einem Gewächshaus stehen, dessen Glaswände einen Blick auf die darin arbeitenden Maschinen freigaben. Sie drehte sich zu Markus, dessen virtuelle Form in der Nähe erschien. „Markus, wie gehen diese Systeme mit Ausfällen um? Gibt es eine Möglichkeit für die Bewohner, einzugreifen, falls etwas schiefgeht?“
Markus nickte. „Das ist eine wichtige Frage, Isabella. Jedes System ist mehrfach abgesichert, und die Bewohner werden in die Wartung eingebunden. Sollte ein Problem auftreten, wird es sofort gemeldet, und die Gemeinschaft kann handeln. Die Städte sind auf Zusammenarbeit ausgelegt.“
Kevin hatte sich von der Gruppe entfernt und erkundete die Ränder der Stadt. Er blieb vor einem Wartungsbereich stehen, wo Roboter verschiedene Bauteile prüften. „Interessant,“ murmelte er, „aber was passiert, wenn Menschen hier keinen Platz mehr finden? Es wirkt so… mechanisch.“
Selina tauchte plötzlich hinter ihm auf. „Kevin, du siehst nur die Technik. Schau dir die Menschen an. Sie sind der Mittelpunkt. Diese Stadt wurde für uns gebaut, um uns zu unterstützen.“
Kevin schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht. Es sieht alles so glatt und perfekt aus. Wo bleibt Platz für echte Fehler, für Wachstum durch Chaos?“
Harald, der sich inzwischen der Gruppe angeschlossen hatte, legte eine Hand auf Kevins Schulter. „Vielleicht ist es unsere Aufgabe, genau das einzubringen. Perfektion ist kein Selbstzweck. Sie kann nur mit unserer Erfahrung und Kreativität ergänzt werden.“
Die Führung führte die Parkhüter weiter durch Bildungszentren, Freizeitbereiche und ein unterirdisches Energiezentrum. Jeder Ort war detailliert und funktional gestaltet, doch die Reaktionen blieben unterschiedlich. Selina zeigte ungebremste Begeisterung, während Isabella und Kevin ihre Zweifel behielten. Harald blieb nachdenklich und beobachtete, wie jeder der Parkhüter die Stadt auf seine eigene Weise erkundete.
Als die virtuelle Tour zu Ende ging, wurden die Parkhüter wieder in das Cyberforum zurückgeführt. Markus’ Stimme erklang erneut. „Das, was ihr gesehen habt, ist kein Traum. Es ist Realität, die darauf wartet, von euch gestaltet zu werden. Ihr habt die Freiheit, diese Städte zu eurem Zuhause zu machen – oder sie zu hinterfragen. Beides ist Teil dieses Experiments.“
Die Brillen wurden abgesetzt, und die Jugendlichen brauchten einen Moment, um sich wieder an die nüchterne Umgebung des Cyberforums zu gewöhnen. Selina war die Erste, die sprach. „Ich bin überzeugt. Das ist die Zukunft, und wir sollten nicht zögern.“
Kevin verschränkte die Arme und schüttelte leicht den Kopf. „Vielleicht. Aber ich werde nichts entscheiden, bevor ich sicher bin, dass es wirklich für uns alle funktioniert.“
Harald trat in die Mitte des Raums und sah die Gruppe an. „Wir haben heute viele Details gesehen, aber es gibt noch mehr zu besprechen. Lasst uns darüber nachdenken und beim nächsten Treffen gemeinsam entscheiden.“
Die Parkhüter verließen das Cyberforum, jeder tief in Gedanken versunken. Die Cybercities waren kein abstraktes Konzept mehr – sie waren greifbar. Doch ob sie tatsächlich der richtige nächste Schritt waren, würde die Gruppe erst noch herausfinden müssen.