Kapitel 9: Cybercities oder Aurora?
Der Konferenzraum in der Nova-Zentrale war erfüllt von einer leisen Anspannung. Die Parkhüter saßen an einem runden Tisch, während Isabella am Kopfende stand und eine Übersicht der Cybercities und ihrer Funktionen präsentierte. Auf der Leinwand hinter ihr leuchteten Diagramme und Skizzen der Städte, die wie ein futuristischer Traum wirkten. Doch in den Gesichtern der Anwesenden spiegelten sich gemischte Gefühle wider.
„Ich habe diese Diskussion einberufen, weil es Zeit ist, dass wir uns ernsthaft mit unserer Zukunft auseinandersetzen,“ begann Isabella mit ruhiger Stimme. „Wir stehen an einem Wendepunkt. Die Cybercities bieten uns eine Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und einen Neuanfang zu wagen. Aber es gibt auch Risiken, die wir nicht ignorieren können.“
Kevin verschränkte die Arme und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Risiken? Das ist untertrieben. Wir haben gerade erst erlebt, wie verwundbar diese Systeme sind. Und jetzt sollen wir unsere gesamte Zukunft darauf aufbauen?“
„Das stimmt,“ sagte Isabella und nickte in Kevins Richtung. „Aber wir müssen uns fragen: Wollen wir an dem festhalten, was wir kennen, oder sind wir bereit, etwas Neues zu versuchen? Deshalb möchte ich, dass wir heute offen über die Vor- und Nachteile sprechen.“
Selina, die bisher geschwiegen hatte, richtete sich auf und sah in die Runde. Ihre blauen Haarsträhnen schimmerten im Licht des Projektors. „Ich verstehe die Bedenken. Aber erinnert euch daran, warum wir überhaupt hier sind. Aurora war nie als permanentes Zuhause gedacht. Es war immer ein Übergangsort. Die Cybercities sind unsere Chance, das nächste Kapitel zu schreiben. Ich sehe sie nicht als Risiko, sondern als Möglichkeit.“
„Das sagst du so leicht,“ warf Kevin ein, seine Stimme gereizt. „Aber was passiert, wenn diese Möglichkeit scheitert? Was passiert, wenn wir alles verlieren?“
„Dann bauen wir es wieder auf,“ erwiderte Selina, ihre Stimme fest. „Das haben wir immer getan. Alles, was wir hier erreicht haben, war ein Risiko. Aber ohne Risiko gibt es keinen Fortschritt.“
Isabella hob die Hand, um die Diskussion zu beruhigen. „Wir müssen diese Entscheidung nicht leichtfertig treffen. Deshalb möchte ich, dass wir die Vor- und Nachteile klar benennen. Kevin, fang du an. Was spricht für Aurora?“
Kevin seufzte und lehnte sich vor. „Aurora ist stabil. Es funktioniert. Wir kennen die Schwachstellen, und wir wissen, wie wir damit umgehen können. Außerdem ist es unser Zuhause. Warum sollten wir das aufgeben?“
Harald, der bisher geschwiegen hatte, meldete sich zu Wort. „Aurora ist stabil, ja. Aber es hat Grenzen. Es war nie dafür gedacht, dauerhaft zu bestehen. Die Cybercities bieten uns etwas, das Aurora nicht kann: Wachstum. Autonomie. Eine neue Art zu leben.“
Isabella nickte. „Das sind gute Punkte. Was ist mit den Cybercities? Selina?“
Selina stand auf, ihre Augen funkelten vor Überzeugung. „Die Cybercities sind nicht perfekt, das wissen wir. Aber sie geben uns die Chance, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur für uns selbst, sondern für die Zukunft. Wir können sie formen, sie besser machen. Das ist mehr als ein Neuanfang. Es ist eine Herausforderung, die wir annehmen sollten.“
Die Gruppe verfiel in nachdenkliches Schweigen. Die Worte von Selina schienen einen Nerv getroffen zu haben. Isabella nutzte die Gelegenheit, um die Diskussion zusammenzufassen.
„Es ist klar, dass es keine einfache Antwort gibt,“ sagte sie. „Aber wir müssen eine Entscheidung treffen. Nicht heute, aber bald. Jeder von uns sollte die nächsten Tage nutzen, um darüber nachzudenken, was uns wirklich wichtig ist.“
Kevin blickte zur Seite, seine Stirn in tiefe Falten gelegt. Selinas Worte hatten ihn nachdenklich gemacht, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Harald nickte langsam, als würde er einen inneren Entschluss fassen. Isabella sah die anderen an, ihre Augen suchend, hoffend.
„Wir haben Zeit, aber nicht unbegrenzt,“ fügte sie hinzu. „Also lasst uns diese Zeit weise nutzen.“
Die Sitzung endete, und die Parkhüter verließen den Raum. Kevin blieb einen Moment länger stehen, während er auf die Skizzen der Cybercities auf der Leinwand starrte. Sein Blick verriet Unsicherheit, aber auch ein leises Interesse. Schließlich drehte er sich um und folgte den anderen.
Selina blieb als Letzte zurück, ihre Gedanken kreisten um die Gespräche. Sie wusste, dass nicht jeder überzeugt war, doch sie spürte, dass ein Funke gesetzt worden war. Sie blickte hinaus durch das Fenster, wo die Lichter von Aurora im Dunkeln funkelten.
„Vielleicht ist es Zeit, das Licht an einem anderen Ort heller strahlen zu lassen,“ murmelte sie leise. Dann verließ sie den Raum, bereit für die nächste Herausforderung.